Deutungsmacht der Forschung, Ohnmacht in der Praxis? – Evidenzbasierte Sonderpädagogik als Exlusionsrisiko

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  • Erstellungsdatum 25. Juni 2023
  • Zuletzt aktualisiert 25. Juni 2023

Deutungsmacht der Forschung, Ohnmacht in der Praxis? – Evidenzbasierte Sonderpädagogik als Exlusionsrisiko

Autor:innen

Marc Willmann

DOI

https://doi.org/10.35468/5819-17

abstract

Unter dem Leitbegriff der Evidenzbasierung feiert der Behaviorismus gegenwärtig seine Widerauferstehung in der Sonderpädagogik. Protegiert durch ein gesteigertes politisches Interesse an technologischem Wissen ist mittlerweile eine Forschungsindustrie entstanden, die sich auf einer fragwürdigen Taxonomie der wissenschaftlichen Methoden gründet. Die Hierarchisierung nach unterschiedlichen Evidenzklassen, die auf einer Systematik nach dem Grad der methodischen Standardisierung von Forschungsdesigns aufbaut, führt zu dem szientistisch-technologischen Fehlschluss, dass nur Maßnahmen und Interventionen als empirisch belastbar und wissenschaftlich empfehlenswert gelten sollen, die durch Methoden der Evidenzforschung auf ihre Wirksamkeit geprüft wurden. In der Adaption auf die Pädagogik wird eine evidenzbasierte Erziehungspraxis nach den gleichen Parametern definiert: „gute“ Pädagogik müsse einen empirischen Evidenznachweis erbringen. Gerade in der Sonderpädagogik führt das Evidenzparadigma zu einer neuerlichen Stärkung empirischer Interventions- und Evaluationsforschung, die sich im Bereich der Pädagogik bei Verhaltensstörungen traditionell in der Form der verhaltenswissenschaftlichen Theoriebildung sowie behavioraler Programmentwicklung und Interventionsplanung niederschlägt. – Die vorgetragene Kritik am Evidenzparadigma wird überführt in ein Plädoyer zur Überwindung wissenschaftlicher Orthodoxien und mündet in der Forderung, die Vielfalt der Methoden in Forschung und Praxis zu wahren. Alternative Theorie- und Forschungsperspektiven werden aufgezeigt.

keywords | Schlagworte

Pädagogische Forschungstraditionen, sonderpädagogische Förderparadigmen, Theorieperspektiven der Pädagogik bei Verhaltensstörungen